Lerntipps

Die beste Prüfungsvorbereitung

RevolutionMario fieberte der großen Pause entgegen, während die Lehrerin in den letzten Minuten der Mathematikstunde noch die Hausübung erklärte. Der Grund für seine Aufregung war, dass er sich in den 15 Minuten noch auf die entscheidende Geschichtsprüfung vorbereiten wollte, die ihm der Lehrer für einen positiven Semesterabschluss eingeräumt hatte. Endlich läutete die Glocke und Mario schnappte sein Geschichtsheft und zog sich in eine Ecke des Schulhofs zurück, während seine Klassenkameraden ein Fußballspiel organisierten.

Niena, eine der Besten in der Klasse, kam lachend vorbei und fragte:

"Na, alles gelernt?"

Mario beachtete sie nicht und blätterte verbissen in seinen Mitschriften.

Niena, die sich gerne ein wenig wichtig machte, ließ aber nicht locker:

"Kennst du alle wichtigen Politiker der französischen Revolution?"

"Mon Dieux!"*) schoss es Mario durch den Kopf, die hatte er ganz vergessen zu wiederholen. Er blätterte in seiner Mappe an den Anfang zurück, wo sie alle beschrieben standen: Abbé Sieyès, Camille Desmoulins, Graf Mirabeau, Marquis de La Fayette, Jean Paul Marat, Georges Jacques Danton, Maximilien de Robespierre, ...

Hastig überflog er die kurzen Beschreibungen der Revolutionsführer und versuchte, sich die wichtigsten Daten einzuprägen. Besonders wichtig war es, in welcher Reihenfolge sie während der Revolution eine wichtige Rolle gespielt hatten. Bei der ersten Prüfung vor einigen Wochen hatte er in seiner Aufregung die Jahreszahlen durcheinander gewürfelt, was ihm schließlich die negative Zensur eingebracht hatte, die er heute ausbessern wollte.

Viel zu früh rief die Schulglocke zur nächsten Stunde. Mario hastete zurück in die Klasse und überflog noch einmal die Seite mit den Revolutionsführern, während der Geschichtslehrer die Klasse betrat.

Wie angekündigt rief der Lehrer gleich zu Beginn Mario zur Prüfung auf, allerdings fragte er nicht nach den Revolutionsführern, sondern wollte wissen, welche Folgen die Französische Revolution für die spätere Geschichte Europas zeitigte. Zwar hatte Mario dieses Kapitel des Stoffes besonders gut gelernt, aber irgendwie waren seine Gedanken immer noch bei den Revolutionsführern, sodass er sich nicht mehr an die wichtigsten Punkte erinnern konnte, die er doch erst gestern nachmittags einige Male wiederholt hatte. Der Lehrer wurde schon ein wenig ungeduldig, da die Ausführungen Marios nur schleppend kamen, und zu guter Letzt musste dieser mit einer Vier zufrieden sein, obwohl er sich insgesamt auf die Prüfung doch so gründlich vorbereitet hatte.

Warum hatte er bei der Prüfung trotz guter Vorbereitung versagt?

Beim Denken, Erinnern oder Lernen beanspruchen wir verschiedene Teile unsere Gehirns. Während der größte Gehirnbereich eine Art riesigen Speicher bildet, in dem alles gleichsam in Schubladen abgelegt wird, was wir z.B. in der oder für die Schule lernen, gibt es andere Teile des Gehirns, die mit der Verarbeitung und Weiterleitung dieser Gedankeninhalte beschäftig sind. Beim Lernen und Erinnern wird jenes Zentrum des Gehirns besonders stark beansprucht, das mit der Organisation der ein- und ausgehenden Wissensportionen betraut ist. Beim Lernen eines neuen Lernstoffes und auch noch längere Zeit danach - manchmal eine ganze Stunde lang - ist es tätig und verarbeitet bzw. ordnet die neuen Lerninhalte den verschiedenen Speichersystemen des Gehirns zu. Da dieses Gehirnzentrum so etwas wie die Verwaltung des Inhaltsverzeichnisses unseres Gedächtnisses darstellt, brauchen wir es nicht nur beim Lernen sondern immer auch dann, wenn wir uns an etwas erinnern wollen.

Da Mario knapp vor der Wiedergabe des vor längerer Zeit gebüffelten Lernstoffs das Gehirn mit neuem Lernstoff "gefüttert" bzw. belastet hatte, war dieses "Verwaltungszentrum" während der Prüfung noch immer damit beschäftigt, die "Revolutionäre der Französischen Revolution" in den passenden Gehirnwindungen abzulegen, während es sich gleichzeitig bemühen sollte, die "Folgen der Revolution" aus anderen Teilen des Gehirns wieder hervorzuholen. Dieser Teil des Gehirns, der die Ein- und Ausgänge von Gedanken regelt, ist nämlich nicht besonders gut geeignet, zwei Aufgaben gleichzeitig durchzuführen, sodass weder das eine (das Ablegen der Revolutionäre) noch das andere (das Hervorkramen der Revolutionsfolgen) wirklich gut funktionierte. Dieses "Überkreuzen" der zwei Aufgaben hatte Mario während der Prüfungssituation anschaulich erlebt.

Daher sollten Pausen und überhaupt die Zeit unmittelbar vor einer Prüfung dazu benutzt werden, dieses "Verwaltungszentrum" des Gehirns nicht dadurch zu belasten, indem man noch rasch etwas wiederholt oder sich gar neuen Lernstoff einzuprägen versucht. Vielmehr sollte man einfach entspannt ein Loch in die Luft gucken oder den Blumen im Schulhof beim Wachsen zusehen.

Schau auch hier nach: Sich zum Lernen zwingen …

 





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