Benjamins Blick fiel auf seinen Wochenplan. "Mein Gott!" stöhnte er, "in vier Tagen habe ich das »Referat über die Westgoten und ich habe noch nicht mal ein Konzept!"
Als er seinem besten Freund Christian seine Zeitnot klagte, meinte der nur: "Schau doch ins Internet! Da gibt es sicher fertige Referate! Ich kenn' da eine Superadresse!"
"Aber ich kann doch nicht einfach ein fremdes Referat abkupfern! Wenn das der Lehrer merkt ..."
Als Benjamin zuhause vor seinem Computer sitzt und die "Superadresse" seines Freundes eintippt, ist seine Enttäuschung groß, als er beim Stichwort "Westgoten" nur ein Referat über die Ostgoten findet - und das war einfach ein Kapitel abgeschrieben aus einem alten Schulbuch. Er kennt zwar noch einige andere Referatesammlungen, aber auch hier wird er nicht fündig, sondern stößt gleich zweimal auf dasselbe Westgotenreferat.
Als er den Computer abschalten will kommt ihm die Idee, mit einer Suchmaschine nach dem Wort "Westgoten" suchen zu lassen. Zwar liefert ihm diese über 500 Links zu Seiten, auf denen das Wort vorkommt, aber fast die Hälfte davon ist nicht mehr vorhanden (der berühmte "Error 404"), und die anderen betreffen nur Buchtitel oder Verzeichnisse. Enttäuscht schüttelt er den Kopf und begibt sich auf Moorhuhnjagd …
Zwar kann man mehr Glück als Benjamin haben und eine fertige Vorlage für ein Referat finden, denn im Internet finden sich rund zwei Dutzend von Referatesammlungen. Man sollte zur Sicherheit einmal hineinschauen, aber die Wahrscheinlichkeit, ein gutes, thematisch passendes Referat zu finden, ist gering. Außerdem kennen sich Lehrer in der Zwischenzeit immer besser mit dem Internet aus ;-)
Das Schwierigste ist immer der Einstieg. Hat man nämlich erst einmal einige Seiten zum Thema, geht es meist leichter voran. Eher selten findet man durch Zufall eine ergiebige Internetseite. Vor der Internetsuche sollte man sich über ein ganz normales Nachschlagewerk aus Papier einen ersten Überblick verschaffen. Hier geht darum, Begriffe aus dem Umfeld des Themas zu sammeln. Es kann nämlich sehr hilfreich sein, außer nach dem Begriff "Westgoten" z.B. auch nach ihren Königen "Alarich" oder "Roderich" zu suchen. Solche Lexika gibt es auch im Internet.
Man hält alle Schritte des Suchens schriftlich fest, wobei das offene Fenster einer Textverarbeitung gute Dienste leistet, in das man Texte oder Adressen kopiert. Ein Blatt Papier tut es aber manchmal auch. Dass man die Internetadressen ("URLs") aller gefundenen Seiten gleich bookmarked, ist wohl ohnehin klar!
Zu manchen Themen gibt es handsortierte Internetverzeichnisse (Portale), die einen baumartigen Aufbau haben. Man beginnt also etwa beim Bereich "Wissenschaft", hantelt sich über das Unterverzeichnis "Geschichte" zur Seite "Mittelalter" vor, wo man bei einigem Glück auf eine Sammlung von Arbeiten oder von Links stößt.
Zu empfehlen sind bei schulischen Themen auch manche Bildungsserver, wo man fertige Unterrichtseinheiten zu einem Thema finden kann. Diese sind ähnlich den Portalen aufgebaut und recht umfangreich. Die Qualität solcher Zusammenstellungen hängt von den betreuenden Personen ab. Hat man eine solche gute Seite aber erwischt, so kommt mit einem Schlag meist viel Information (und Arbeit) ins Haus.
Eine Suchmaschine ist dann sinnvoll, wenn man seine Suche schon eingrenzen kann. Computer sind nämlich entsetzlich dumm, die Suchmaschinen machen da keine Ausnahme. Eine Suche nach den "Westgoten" bringt ziemlich sicher auch die Katalogseiten von Bibliotheken mit Fachliteratur oder Links auf Ankündigungen von Vorträgen, die jemand vor drei Jahren gehalten hat. Manchmal aber sind solche Seiten als Ausgangspunkt zu gebrauchen, wenn man etwa einen Forscher entdeckt, der schon Jahrzehnte am Thema arbeitet. Manchmal kann man diesem sogar eine Email schreiben und um Unterlagen bitten.
Den Umgang mit Suchmaschinen muss man lernen, vor allem sollte man die meist als "Profisuche" bezeichneten Hilfen in Anspruch nehmen, also mehrere Begriffe miteinander verknüpfen oder manche Begriffe ausschließen. Jede Suchmaschine hat ihre Eigenheiten und es zahlt sich aus, die Hilfeseiten gut zu studieren.
So genannte Metasuchmaschinen empfehlen sich nur dann, wenn man schon relativ viel weiß und auf Grund der meist knappen Hinweise nur mehr jene Quellen auswählt, die Erfolg versprechend sind. Je mehr man schon über eine Sache weiß, desto leichter findet man etwas dazu.
Wenn man viel Zeit bis zu seinem Referat hat, kann man auch in Newsgroups oder Mailinglisten um Hinweise fragen, allerdings braucht man dazu Glück, jemanden zu finden, der sich bei dem Thema auskennt und auch noch bereit ist, einem über eine Email Quellen zu nennen oder Material zu schicken. Einen Versuch ist es immer wert! Hier ist es wichtig, sich schon vorinformiert zu haben und eine gezielte Frage zu stellen. Die nacktes "Hat jemand ein Referat zu den Westgoten?" wird von vielen Gruppen als Unverschämtheit aufgefasst und hat wenig Chancen auf eine positive Antwort.
Es gibt heute im Internet viele verschiedene Möglichkeiten, Material zu einem Referat zu finden und es gibt kaum ein Thema, zu dem nicht irgendein freundlicher Zeitgenosse Informationen zusammengetragen hat. Allerdings kann man sich nicht wie bei einem Buch oder Lexikon darauf verlassen, ob das auch alles stimmt, denn jeder kann heute seine Daten im Internet anbieten, gleichgültig, ob er von einer Sache etwas versteht oder nicht. Es zahlt sich also immer aus, auch etwas über den Autor der Seiten in Erfahrung zu bringen. Dazu kann man wenig Hinweise geben. Im Unterschied zu anderen Quellen ist man im Internet meist darauf angewiesen, die Glaubwürdigkeit selber beurteilen zu müssen, wobei meist ein Vergleich von Quellen notwendig sein wird.