"Lieber Alexander", hatte der Geographielehrer gesagt, "dein Test war leider negativ. Aber ich gebe dir nächste Woche noch eine Chance und nehme dich noch einmal mündlich dran. Prüfungsstoff ist das ganze letzte Semester!" Daran musste Alexander jetzt denken, als er vor dem Geographiebuch saß und mit steigendem Unbehagen den Stoff durchblätterte. "Das sind doch an die hundert Seiten, das kann doch kein Mensch lernen!" war er ziemlich mutlos.
Und damit hat Alexander wohl recht, denn "hundert Seiten" kann man beim besten Willen nicht lernen, außer man ist ein Gedächtniskünstler oder ein Zauberer im Zirkus, der von jedem im Publikum die Telefonnummer errät. Oder noch besser ein Prophet, denn der könnte herausfinden, welche Fragen der Lehrer nächste Woche stellen wird. Aber die weiß der Lehrer vielleicht selber noch nicht. Und wie sollte man etwas so "Geheimes" herausfinden, was der Betreffende selber noch nicht weiß?
Alexander hat wie viele SchülerInnen damit zu kämpfen, zunächst einmal gar nicht zu wissen, was denn von den hundert Seiten so wichtig ist, dass es sich zu lernen lohnt. Wenn man beim Lernen stets Angst hat, etwas Wichtiges auszulassen und verzweifelt versucht, ja nur alles zu lernen, dann bleibt nämlich wegen der Überfülle an scheinbar und offensichtlich Wichtigem nichts oder nur wenig im Gedächtnis hängen! Und dieses Wenige ist meist nicht das, was der Lehrer dann fragt. Und der alte Trick, den Stoff doch in kleine Portionen zu zerlegen ändert nichts am Umfang. Welche Portionen? Wie umfangreich sollten die sein?
Am besten ist es, Alexander macht sein Buch einmal zu und denkt nicht an den Stoff, sondern ... an seinen Lehrer. Dabei sollte er die Augen zumachen und sich an die letzten Unterrichtsstunden erinnern. Besonders sollte er versuchen, sich jene Fragen wieder ins Gedächtnis zu rufen, die der Lehrer bei den Wiederholungen am Beginn der Stunde stellt. Alle LehrerInnen haben mit der Zeit eine ganz bestimmte Art und Weise entwickelt, wie sie Fragen formulieren.
Wenn man das Fragemuster kennt, das bestimmte LehrerInnen bevorzugen, kann man sich viel besser auf eine Prüfung bei Ihnen vorbereiten. Für Alexander ist es natürlich nicht einfach, erst jetzt im Rückblick damit anzufangen. Am günstigsten ist es natürlich, schon vom Beginn des Schuljahres an den LehrerInnen und ihren Fragestilen auf die Schliche zu kommen.
So ist es eine bewährte Methode, hinten im jeweiligen Heft jene Fragen zu notieren, die LehrerInnen schon während des Unterrichts stellen. Das sind oft Scheinfragen, die sie dann auch selber beantworten. Passt nur einmal gut auf. Manche LehrerInnen spielen während der ganzen Unterrichtsstunde ein Frage-Antwort-Spiel mit sich selber.
Auch das Mitschreiben bei Wiederholungen oder wenn andere SchülerInnen in der Klasse geprüft werden ist ein bewährtes Mittel, solche "geheimen" Informationen zu sammeln.
Wenn Alexander nun die "typischen Fragen" seines Lehrers herausgefunden hat, dann kann er beim Durcharbeiten des Stoffes recht gut feststellen, was der Lehrer dazu jeweils fragen könnte. Daß er diese Fragen schriftlich festhalten und sich dann damit selber prüfen sollte, brauchen wir wahrscheinlich nicht dazu sagen, denn als Lernprofis habt ihr das sicher schon entdeckt. Und während sich Alexander jetzt über den Stoff hermacht, wundert er sich, wie wenig Fragen man eigentlich bei soviel Seiten sinnvoll stellen kann …